Hilde Schlinke lernte ich 2014 in der Bücherei Biebertal kennen. Im Gespräch merkte ich schnell, was für eine interessante Frau ich vor mir hatte. Und wir teilen zwei Gemeinsamkeiten: Die Liebe zu Büchern und einen Aufenthalt in Südafrika. Inzwischen habe ich (auch durch den Bilderbogen) gemerkt, dass es etliche Menschen in unserer Gemeinde gibt, die viel zu erzählen haben. Das Interview mit Hilde ist der Auftakt. Im Laufe der Zeit möchte ich weitere Persönlichkeiten vorstellen. Das sollen gerade nicht die sein, die ohnehin im Licht der Öffentlichkeit stehen. Sollten Sie Vorschläge haben, wen ich mal interviewen kann, so mailen Sie Ihre Idee an: info@biebertaler-bilderbogen.de
Das erste Leben (1929 – 1953): Hilde Schmidt, geboren 1929 in Langenaubach bei Haiger, erlebte eine Kindheit und Jugend, wie sie auf dem Lande damals typisch war. Viel bäuerliche Arbeit. Aber auch viel Geselligkeit in der eigenen Familie und großen Verwandtschaft und innerhalb der dörflichen Strukturen. Während des Krieges und in der Nachkriegszeit mussten die Mädchen noch mehr in der Landwirtschaft arbeiten. Die junge Frau wollte aus der Enge heraus, die das Dorf auch verkörperte. Ein junger Mann zog 1950 als Untermieter bei der Familie ein. Mit ihm konnte sie Träume teilen. 1953 heirateten sie. Ihr Ehemann Bodo war ihr quasi auf einem Silbertablett serviert worden.
Das zweite Leben (1953-1961): Bodo Schlinke hatte sich gegen den Willen seiner Eltern vom Beruf des Landwirtes verabschiedet und war in den Bergbau gegangen. Als Steiger (heute Bergbauingenieur) wurde er von der Firma Mannesmann nach Königsberg geschickt, um dort in der Grube Konstanze zu arbeiten. Das junge Paar wohnte in Rodheim und bekam 1955 einen Sohn.
Ganz neue Welten öffneten sich 1956. Bodo ging im Auftrag von Mannesmann mit seiner Familie nach Nelspruit in Südafrika. Nelspruit (heute Mbombela) liegt auf gerader Linie zwischen Pretoria und Maputo (damals Lorenzo Marquez und noch portugiesische Kolonie), Mozambik, entfernt. Er leitete eine Asbest-Mine. Die meisten Arbeiter kamen aus dem benachbarten Swaziland (seit 2018 Eswatini), damals britisches Protektorat.
Wie sehr diese fünf Jahre das Leben von Hilde geprägt haben, merkt man schon beim Betreten der Wohnung, wenn der Blick auf ein großes Zebra-, ein kleines Springbock-Fell und eine originale Trommel fällt. Für unser Gespräch lagen etliche Fotoalben aus dieser Zeit bereit. Die beiden Töchter wurden in Südafrika geboren. Hilde fühlte sich dort frei von Zwängen, genoss die 45km-Überlandfahrten wöchentlich zum Einkaufen oder die unbekannte Tierwelt und Fahrten in den Kruger-Nationalpark. Durch ihre Offenheit gab es auch Kontakte zu Afrikanern (damals verboten); und die Töchter spielten mit deren Kindern. In dieser Zeit machten Deutsche solche weiten Reisen nur, wenn sie auswandern wollten. Bei der Anreise war die dreiköpfige Familie geflogen. Die Rückfahrt erfolgte zu fünft und mit viel Gepäck per Schiff von Kapstadt nach Southampton. Hilde hat diese drei Wochen auf See in hohem Maße genossen.
Artikel wird fortgesetzt – Teil 2 folgt am Donnerstag den 25. Februar
Fotos: Grube Königsberg: Familie, sonstige: Eveline Renell
Link zum zweiten Teil: Hilde Schlinke ein Leben wie sieben Leben 2
Link zum dritten Teil: Hilde Schlinke ein Leben wie sieben Leben, Schluss