GEMEINSAM in Biebertal

Warum Aufbau von Angeboten zur Unterstützung im Alltag? Warum Bürgerhilfe Biebertal ?
Vorstellung einer Idee zu mehr Miteinander und Nachbarschaftshilfe

Nicht nur an Kita-Plätzen fehlt es in Biebertal, die Situation in Schulen wird als desolat und überlastet berichtet und auch an die älteren und anderweitig hilfebedürftigen Menschen in Biebertal muss gedacht werden, Wohnungen stehen leer und fehlen zugleich.

Unterstützungsbedarf entwickelt sich manchmal schleichend, zum Teil plötzlich – z.B. durch Schlaganfall oder Unfall.
Vielfältig geschieht Nachbarschaftshilfe bereits auf privater Basis; aber was ist mit den Menschen, Jung wie Alt, die sozial nicht so gut eingebunden sind?
An wen aber soll man sich wenden, wenn keine Oma, kein Opa, kein Onkel, keine Tante, kein Kind und kein Enkel im Ort oder in der Nähe wohnt?

Zwar gibt es bei genauerem Hinsehen vielfältige Angebote. Oft jedoch sind die aber teuer und bei der professionellen Versorgung stoßen wir längst an personelle Grenzen. So sind es schon jetzt meist Angehörige, die einspringen, die aber mit ihrem sonstigen Alltag schnell an eigene Belastungsgrenzen stoßen.

Durch eine engere Vernetzung von Jung und Alt *), können mit freiwillig ehrenamtlich sich engagierenden Bürgerinnen und Bürgern Synergieeffekte geschaffen werden, die für alle eine bereichernde Erfahrung werden.
Außerdem entsteht zeitweilige Entlastung für pflegende Angehörige, wie für junge Familien, z.B. über Wunsch-Omas und Opas, für ältere, mobil eingeschränkte oder einsame Menschen sowie solche mit Handicap oder gesundheitlicher Einschränkung oder bei Integrationsaufgaben.
Neben der praktischen, wie gefühlten Teilhabe an sozialen Kontakten, im Praktizieren gemeinsamer Hobbies usw. lässt sich sicherlich in Gesprächen spannendes aus kurzen wie langen Lebenserfahrungen entdecken; zudem ist es für alle Beteiligten gesünder.
Die neue Qualität des Miteinanders kann das Gemeinschaftsgefühl vor Ort stärken.

Die Projektidee ist es, Matches/Tandems zu finden zwischen Menschen, die ehrenamtlich bereit sind einen Teil ihrer Freizeit mit anderen zu verbringen – gelegentlich oder regelmäßig z.B. alle 1-2 Wochen, je nach Möglichkeit. Ohne Zeitdruck Plaudern, miteinander Hobbies oder Sprache teilen; auch unterstützende Begleitung zu Terminen z.B. zum Arzt, einer Behörde, zu Freunden oder Veranstaltungen wie auch kleinere Besorgungen sind denkbar.
Ausgeschlossen sind Hausarbeiten und Pflege; das sollen bzw. müssen Profis übernehmen.

In diesem Miteinander soll der Austausch zwischen den Generationen gestärkt und sozialer Isolation entgegengewirkt werden.

Gesellschaftlich sollten wir der demographischen Entwicklung hierzulande mehr Aufmerksamkeit schenken. Denn wie die Bevölkerungspyramide zeigt, kommen schwierige Zeiten auf die Sozialsysteme zu.
Die Kohorte der Babyboomer (1955-1970 geboren) in Deutschlands Bevölkerung macht in den kommenden Jahren ca. 30 % aus. Schon jetzt leben 20 % der Menschen allein, in der Gruppe der über 65jährigen sind es, lt. Deutschlandfunk-Nachrichten im Juni 2024, 35 %.

In den kommenden Jahren scheiden die Babyboomer zunehmend aus dem Erwerbsleben aus und treten in einen neuen, höchstwahrscheinlich langen und aktiven Lebensabschnitt ein;
denn sie waren 2022 52- 67 Jahre, also 2024 zwischen 54-69 Jahre alt.

Derweil fallen die jüngeren Altersgruppen immer kleiner aus; d.h. die jetzt älteren Menschen haben weniger Kinder und werden damit zunehmend zu einer Herausforderung für die Sozialsysteme, die schon jetzt an Personalmangel leiden und unterfinanziert sind.

(Quelle: https://service.destatis.de/bevoelkerungspyramide/index.html#!)

Prozentual leben die meisten dieser älteren Menschen in ländlichen Regionen.
Die Lebenserwartung stieg in Deutschland in den letzten Jahren kontinuierlich an.
Das durchschnittliche Rentenalter liegt derzeit bei 64 Jahren; d.h. Frauen haben dann statistisch gesehen noch über 21 und Männer 18 Jahre vor sich; davon die Hälfte etwa leidlich beschwerdefrei. Erst in höherem Alter sind sie auf Pflege und Unterstützung angewiesen. Sie können damit länger in ihrer bisherigen Wohnung bleiben.

(Quelle: https://www.wegweiser-kommune.de/kommunen/biebertal)

Die derzeit ältere Generation ist in ihrer Lebenskonzeption zumeist auf Individualisierung ausgerichtet, ihr sozioökonomischer Status in Bezug auf Altersvorsorge und Wohlstand ist eher gut, so dass ältere Menschen eher in ihren Wohnungen und Häusern bleiben, die eigentlich zu groß für sie geworden sind, während jüngere Familien händeringend nach einer bezahlbaren Behausung suchen.

Wer sich jung fühlt, verdrängt gern die Folgen des Alterns.
Die wenigsten haben sich schon einmal mit den Themen Pflegebedürftigkeit und Risiko-vorsorge auseinandergesetzt.
79 % der Befragten sieht den Staat in der Verantwortung, die Pflege zu organisieren, obwohl sich das bekanntlich immer schwieriger gestaltet.

           (Quelle: Druyen, T. et al., 2022, Babyboomer – Generation läuft blind in die Pflege-Katastrophe,
                          Opta data Zukunftsstiftung http://bitly.ws/tLCo (26.08.2022))

Zurzeit zählt gut die Hälfte der Pflegebedürftigen 80 Jahre und mehr.
Davon werden ¾ zuhause versorgt; überwiegend durch Angehörige.
Zumeist werden Wohnung oder Haus erst in ein Heim verlassen, wenn die ambulante Pflege zuhause nicht mehr zu bewältigen oder nicht mehr möglich ist.
Da die jüngeren Jahrgänge schwächer besetzt sind, werden die Möglichkeiten, sich zuhause versorgen und pflegen zu lassen, sowohl durch Angehörige als auch durch professionelle Kräfte, künftig noch mehr eingeschränkt sein, als dies heute schon der Fall ist.

Ergo werden Nachbarschaftshilfen und ehrenamtliche Unterstützungssysteme, die die professionellen Dienste ergänzen, sowie Hausbesuche organisierende Koordinationsstellen – auch um der immer mehr grassierenden, oft gar tödlichen, Einsamkeit entgegenzuwirken – immer wichtiger.

Ein Nebeneffekt könnte das gegenseitige Kennenlernen von jüngeren und älteren Menschen sein, so dass sich Vertrauensverhältnisse entwickeln, Vorurteile wie Ängste abgebaut werden können, aber auch Wissen nicht verloren geht. Junge Wohnungssuchende könnten dann z.B. als Mieter in leerstehende Wohnungen in Häuser ziehen, die bislang ungenutzt blieben und bei Älteren wohnen, z.B. im Tausch gegen einfache Hausdienste wie Rasenmähen, Einkaufen, Unterstützung bei Arztbesuchen, Tierpflege, Unternehmungen, als Schachpartner etc.. Ähnliche Synergieeffekte könnten sich bei Hausaufgabenhilfe, gemeinsamem Spielen, Musizieren, Sprachen lernen mit Ersatz-Großeltern entwickeln und im Umgang mit Kindern und Jugendlichen zu mehr Bewegung von Jung und Alt führen.

*) siehe z.B. VOX-Doku „Wir sind klein und ihr seid alt –
https://www.vox.de/cms/sendungen/wir-sind-klein-und-ihr-seid-alt.html
             oder „Wir sind Teens und ihr seid alt“ –https://www.vox.de/cms/sendungen/wir-sind-teens-und-ihr-seid-al.html

In naher Zukunft braucht es neue Wohnformen, neue Informations- und Kommunikations-wege, Netzwerke, Anlaufstellen für und in allen Ortsteilen der Gemeinde, damit die mobilen und auch die weniger mobilen Älteren am gesellschaftlichen Leben teilhaben können und dem Wunsch nach sozialen Kontakten, Selbständigkeit und Sicherheit entsprochen werden kann.
Es braucht Begegnungsstätten, Kulturangebote, Zugang zu Informationen, Hilfe beim Umgang mit Medien und beim Erhalt der Selbständigkeit sowie gegen Vereinsamung.
Ziel muss es sein, eine tragende Infrastruktur zu schaffen, einen Rahmen, ein Angebot, das es ermöglicht die Beziehungen zwischen den Generationen zu fördern und eine „sorgende Gemeinschaft“ zu entwickeln. Dazu müssen in Zukunft Hilfestrukturen jenseits der Familie existieren, denn a) leben weniger Nachkommen und b) leben sie oft so entfernt, dass sie weder akut noch andauernd für regelmäßige Unterstützung verfügbar sind. Zugleich gibt es über noch viele Jahre reichlich „junge Ältere“, die sinnhaft Teil des gesellschaftlichen Lebens sein wollen; die auch ohne im Arbeitsleben zu stehen einer Identität bedürfen.

Es braucht Kümmerer/innen und Unterstützungsnetze vor Ort.
Dafür können und sollen auch junge Menschen, wie auch die jüngeren Älteren angesprochen werden, die sich (auch weiterhin) als nützliche Teile der Gesellschaft verstehen wollen.

Bürgerschaftliche Selbsthilfeorganisation auf freiwilliger Basis erfordern eine hohe Motivation der Mitwirkenden, einen Raum, an dem sich etwas kristallisieren kann, an dem organisiert und koordiniert werden kann, eine Person oder Gruppe, die sich verantwortlich fühlt und voran geht. Bei uns scheidet bald der bislang koordinierende Geragoge ins Rentenalter aus; es entsteht eine Lücke!

Günstig sind ausreichende Gestaltungsmöglichkeiten und die volle unbürokratische Unterstützung der Kommune, aber auch ein kreativer Umgang mit rechtlichen Vorgaben, etwa bei Fahrdiensten, Aufwandsentschädigungen, Versicherungen und Qualifikationen. Weiterbildungsmöglichkeiten, vielleicht sogar eine kleine finanzielle Entschädigung, Fahrgeld und Supervision sollten für die Freiwilligen selbstverständlich sein, so dass niemand über Gebühr belastet wird und jeder sein mögliches Zeitkontingent (z.B. via Zeitkonto oder Tauschkonto) flexibel gestalten kann, usw.

Die Kommune profitiert hier gewaltig vom Erfindungsgeist seiner Bürger/innen, denn sowohl Alterung, Mangel an Nachwuchs, leere Kassen bei wirtschaftlicher Stagnation und wachsender Staatsverschuldung, hohen Sozialleistungen, Investitionsstau usw. machen es der Gemeinde zunehmende schwer, selbst Versorgungsleistungen für ihre Bürger/innen bereitzustellen und Infrastruktur aufrecht zu erhalten.

Es wird also nicht anders gehen, als dass Jung und Alt miteinander reden, sich füreinander engagieren und kooperativ neue Wege beschreiten.

Die Nachfrage nach Dienstleistungen und der Bedarf an Unterstützung und Pflege wird in den kommenden Jahren steigen.

                            (siehe Pflegereport 2023 https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-662-67669-1)

Es gilt als günstiger Standortfaktor, wenn unser Biebertal nicht nur ein ausgezeichneter Wohnort für Fachkräfte *) ist, sondern auch als alters- und generationengerechter Ort gilt. Denn es gilt – bei schwindender Bevölkerungsprognose und damit fallenden Hauspreisen -, die Bevölkerung zu halten, neue anzulocken und mit einer guten Nahversorgung zu punkten.

                                        ( *) Quelle: https://nachrichten.biebertaler-bilderbogen.de/?s=biebertal+ausgezeichnet)

Die alternde Gesellschaft muss auf die politische Agenda.

Wir brauchen mehr und anders ausgestaltete Angebote und Dienstleistungen in unserer Gemeinde, um die Lebens-, Gesundheits-, Kultur-, Mobilitäts- und Konsumbedürfnisse aller besser zu bedienen. Ohne selbstorganisierte Projekte wird es dabei nicht gehen. Das muss zukunftsorientiert gefördert werden. Viele engagieren sich gern, wenn es für sie Sinn macht, wenn sie gut eingebunden sind und sich wichtig fühlen können, Anerkennung bekommen.

                    (inspirierende Quelle: Ageing in Place, Körber Stiftung, Hamburg, www.koerber-stiftung.de
                      und Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung, www.berlin-institut.org)

Die auf uns wirkende und erlebte Wirklichkeit wird im Austausch miteinander als Basis für das Miteinander – vor allem über Worte – ausgehandelt (auch wenn das nicht immer allen bewusst ist – und doch erleben wir gerade, wie Sagbares sich in den letzten Jahren verändert und immer mehr trennendes statt verbindendes in den Vordergrund der Aufmerksamkeit gerückt wird.)

Hier wollen wir entgegenwirken und die Zeit des „sozial distancing“, des Abstandhaltens, das sich in der Zeit der Corona-Pandemie eingebürgert hat, beenden. Nur wer einander kennt, sieht den Menschen, überwindet Vorurteile und dummes Gerede.

Ein paralleles Projekt wie das in Biebertal sich in Vorbereitung befindliche ist als „DranBleiben“ seit einigen Monaten, ebenfalls in Zusammenarbeit mit dem Freiwilligenzentrum Gießen, in Buseck erfolgreich aktiv.

Immer mal wieder gibt es auch jetzt schon Anfragen aus Biebertal.
Also, auch wenn wir erst ab Spätherbst 2024 systematisch beginnen und frühestens ab 2025 Helfer/innen und Suchende zu Tandems zusammenzubringen hoffen, können Sie sich bereits jetzt melden, um mehr Informationen zu bekommen oder Zeit haben, sich ehrenamtlich zu engagieren oder sich Unterstützung wünschen.

Es gibt bereits die E-Mail-Adresse kontakt@buergerhilfe-biebertal.de.
Hilfreich könnten aber auch Chris Patrik Koch – Gemeinwesenarbeit Biebertal –
Telefon 0155 6634 1012, Mail: gwa-biebertal@zaug.de oder
Herrn Ludger Hellmann – Gemeindegeragoge – Telefon: 06409 3045, Mail: lhellmann@biebertal.de sein.

Weitere Informationen finden Sie unter Hilfe-Wegweiser im www.biebertaler-bilderbogen.de => Biebertal entdecken => unsere Gemeinde => Aktuelles – aus der lokalen Politik
und in der Broschüre „Älter werden in Gießen“

https://www.giessen.de/media/custom/684_3892_1.PDF?1632753130?direct

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