In der ersten öffentlichen Gemeindevertretersitzung nach der Bürgermeisterwahl in Biebertal am 18. Oktober 2023 gratulierte die Vorsitzende Elke Lepper der wiedergewählten Bürgermeisterin Patricia Ortmann mit Applaus aus den Reihen der Parlamentarier.
Ja, Biebertal braucht Kita-Plätze und Biebertal baut sein Angebot aus!
Aber, ist der Weg dorthin für die zahlungspflichtigen Bürger der richtige?
Kinder sind unser aller Zukunft, insofern sind die Kosten für ihren besonderer Schutz und die hoffentlich auch beste, liebevolle Betreuung und Ausbildung Aufgabe der ganzen Gesellschaft.
Eine gute Qualifikation der Handelnden sollte also selbstverständlich sein; ebenso wie eine gute Qualifikation derer, die die Rahmenbedingungen schaffen; z.B. eine Kita zu bauen oder ausbauen.
Zunächst jedoch stellte der Gemeindebrandinspektor Marcel Hänsel seinen Jahresbericht vor und beklagte, dass der Einzug in das neue Feuerwehrgebäude nun zum 3. Mal – nun auf Frühjahr 2024 – verschoben werden musste. Diese Unzuverlässigkeit zum angedachten Zeitplan der Zusammenlegung der Feuerwehren von Rodheim, Bieber, Fellingshausen und Vetzberg zum Bereich Mitte bringe das Zusammenwachsen der betroffenen Feuerwehren zunehmend ins Wanken. Auch in Bezug auf die Kinder- und Jugendfeuerwehren bedeute es einen erhöhten Arbeitsaufwand.
Auch die Politik sehne sich danach, dass es voran gehe, so die Bürgermeisterin, die erklärte, dass die Verzögerungen an unzuverlässigen Firmen und fehlendem Material lägen.
Zur Argumentation der Verwaltung kann man da nur sagen, dass das – wäre die Vergabe an einen Generalunternehmer erfolgt – dann sein Problem gewesen wäre, insbesondere wenn eine Vertragsstrafe bei Nichterfüllung der Vorgaben vorab vereinbar worden wären. Und beim fehlenden Material wurde vielleicht nicht rechtzeitig bestellt?
Inzwischen springen lokale Unternehmen, deren Angebote anfangs abgelehnt worden waren, bei, um zu retten, was zu retten ist – beim Wegebau und der Fassadenverkleidung. Weiterhin muss schon jetzt an etlichen Stellen nachgebessert werden bzw. sind Dämmung, Isolierung oder das Dach reparaturbedürftig.
Dachpappe ist von Wind abgerissen;
und wieso eigentlich Dachpappe?
Dämmung mit Steinwolle
– warum? – ist abgedeckt,
da Fassadenverkleidung nicht beikommt
Bitumenanstrich am Bauhofgebäude ist sehr dünn und …
… blättert an verschiedenen Stellen bodennah bereits ab
Großes Thema dieser Sitzung war dann die allseits bekannte desolate Situation der Biebertaler Kindergärten – inklusive der über 80 fehlenden Betreuungsplätze, die Eltern gesetzlich zugesichert sind.
So herrschte Einigkeit beim Beschluss zur Übernahme der Trägerschaft des Kindergartens Krumbach vom Evangelischen Dekanat Gießen durch die Gemeinde Biebertal.
Verwundert war man allerdings, dass das Dekanat jetzt eine Leitungsstelle bewirbt, was vor einem Jahr, als es nötig war, nicht gesehen wurde. Wenn dort jetzt jemand vom Dekanat eingestellt wird, bestimmt nicht die Gemeinde, mit wem sie arbeiten möchte, sondern diese Personalie wird übernommen.
Ist da böse, wer da Böses denkt?
Lange Diskussionen löste dann das Konzept der Gemeindeverwaltung zur Nachnutzung des ehemaligen Feuerwehrgerätehauses in Vetzberg, der Mehrzweckhalle und der dortigen Mietwohnung zur Kita Vetzberg aus.
Ehemalige Feuerwehr Vetzberg; ein Teil des Gebäudes
auf der rechten Seite: MZH Vetzberg
Zum einen hatte sich eben in der Ortsbeiratssitzung in Vetzberg herausgestellt, dass die bisherigen Planungen der Umbaumaßnahmen durch ein Architekturbüro und die Verwaltung der Gemeinde Biebertal ohne Anhörung der betroffenen Kita-Mitarbeiter und Eltern sowie des Dekanats als aktueller Bertreiber stattgefunden hatben.
Zum anderen ging es bei der Erweiterung der Kita um zwei Gruppen um einen Zielkonflikt, der bereits im Bau- und Haushaltsausschuss zu kontroversen Diskussionen geführt hatte:
Die alltäglich mit eigenen Großbauprojekten beschäftigte Bauausschussvorsitzende Barbara Lindemann plädierte für die Vergabe des Bauauftrages zum Umbau in Vetzberg an einen Generalunternehmer; also für das Bauen aus einer Hand – mit vorab vereinbartem Festpreis und Fertigstellungsdatum.
Die Bürgermeisterin hingegen meint, das ginge bei einem Neubau, nicht aber bei einem Umbau. Denn angeblich könnten man bei der Einzelvergabe der Aufträge in der Bauphase, wenn Unwägbarkeiten sichtbar werden reagieren.
Derartiges aber dürfte ein kundiger Bauunternehmer aus seiner Fachkenntnis heraus hinreichend gut abschätzen und in seinem Angebot berücksichtigen. Letztlich aber würden neu auftretende Aufgaben so oder so etwas kosten, womit das Argument entfällt – es sei denn, die Planungen vorab sind so schlecht, dass sowieso grundsätzliche Zweifel am Bauplan erhoben werden müssten.
Im Haushaltsausschuss wurde dann für die Laien in der Gemeindevertretung eine Gegenüberstellung der Optionen >Generalübernehmer eines Bauprojektes< (sinnvoll bei Neubauprojekten), >Generalunternehmer< (erbringt sämtliche Bauleistungen schlüsselfertig im Rahmen eines Werkvertrages nach den Planungen der beauftragenden Gemeinde) und >Einzelvergabe aller Gewerke durch die Verwaltung< gefordert.
Diesem Auftrag war die Verwaltung nachgekommen; wobei Fachleute allerdings die Augen rollten und an sachlichen Darstellungen Zweifel anmeldeten. Zudem zeigt die Gegenüberstellung die Suggestion, dass einzig bei der Einzelvergabe der Gewerke durch die Gemeinde ein „geringer Kostendruck und die höchste Kontrolle“ erreicht werde, während bei den anderen Möglichkeiten ein „hoher Kostendruck und geringe Kontrolle durch die Gemeinde“ entstehe.
Die Erfolge dieser Strategie bewundern die Bürger/innen inzwischen kopfschüttelnd beim Bauprojekt Feuerwehr- und Bauhof-Neubau in Rodheim.
Dafür wurde im Juli 2020 die Baugenehmigung erteilt und mit Erschließungsarbeiten begonnen
Bilder aus dem Juli 2020
heute sieht es dort so aus:
Mitte Oktober 2023, die Zufahrt zu den Feuerwehrhallen ist endlich geteert
Erste Parkplätze sind gepflastert
Tiefbauarbeiten sind noch immer im Gange
allein die Kosten für den Bauzaunmiete …
Hallen des Bauhofes stehen noch offen
Geländeaufschüttungen werden vorbereitet
Zudem wird für die Planungen wieder mit „in Aussicht gestelltem Fördergeld„, diesmal in Höhe von 90.000,- € argumentiert. Bürgermeisterin: „Biebertal kann es sich nicht leisten, Fördergelder liegen zu lassen.“
Das ist prinzipiell richtig, aber ein ähnliches Drängen sahen wir auch beim IKEK-Prozess oder dem Kunstrasenplatz, wo sich dann die in Aussicht gestellten Förderungen als Flopp herausstellten.
Aber die vielen Frau- und Mannstunden und die Fakten, die da geschaffen wurden, tragen die Bürger .
Allerdings ist bei dieser Förderung zum Bauprojekt die Bedingung, dass der 1. Bauabschnitt (Umbau der Feuerwehrräume zu zwei Gruppenräumen sowie der erforderlichen Sanitärräume) bis Mitte nächsten Jahres fertiggestellt sein müsste.
Das aber ist, ohne dass bislang ein Bauantrag gestellt wurde, selbst bei beschleunigten Verfahren, bauseits völlig illusorisch.
Dennoch bleibt unbestritten, dass so schnell wie möglich gehandelt werden muss und zwar so, dass die schon jetzt bis 2025 geplante Baumaßnahme in Vetzberg dann auch zu Ende gebracht wird.
Die Eltern warten und haben ein Recht auf Betreuung ihrer Kinder.
In der Abstimmung, trotz guter Argumente, dass Gemeinden endlich aus ihrem weiter so, wie gehabt, herauskommen müssten und neue Wege beschreiten sollten, um effektiver zu sein, stimmten SPD und freie Wähler der von der Bürgermeisterin präferierten Vergabe von Einzelgewerken unter Leitung der Bauabteilung in der Gemeindeverwaltung zu.
Wir werden sehen, ob sich das am Ende ebenfalls in Mehrkosten für den Steuerzahler auswirkt. Denn für das Umbauprojekt sind jetzt schon 2,1 Millionen Euro veranschlagt.
Fotos: ganz oben: Gemeind Biebertal, die übrigen: Lindemann
siehe dazu auch den Gießener Anzeiger vom 20.20.2023: Kita-Vorhaben auf den Weg gebracht