Vorsorge-, Generalvollmacht, Patientenverfügung

Ganz passend dazu, dass wir im Bilderbogen, in der Medizin, in der Politik aktuell auf die Veränderungen der Altersstruktur in Deutschland und damit auch in Biebertal aufmerksam machen, auf Versorgungslücken hinweisen und Abhilfe organisieren wollen, kam dieser Vortrag des Gewerbevereins zur rechten Zeit.

Joachim Besier begrüßte am 8. April 2024 in der Gastatätte >Zur Post< in Fellingshausen für den Gewerbeverein Biebertal 31 Zuhörer/innen für den Vortrag vom Barbara Steiger, Rechtsanwältin, Notarin, Fachanwältin für Erbrecht; Friedrich-Löll-Str. 2, 35444 Biebertal. Telefon (06409) 640 8-0 
Mailkanzlei.steiger@t-online.de

In einem freien, sehr ausdrucksvollen und kompetenten Vortrag stellte die Referentin Wichtiges zu den verschiedenen Themenkomplexen binnen 1 1/2 Stunden vor. Dabei stand sie jederzeit für Zwischenfragen der Zuhörer/innen zur Verfügung. Lange Jahre Erfahrung waren da klar zu erleben.
Ich teile hier meine Mitschrift aus dem Vortrag, empfehle jedoch einen persönlichen Besuch!
Der lohnt in jedem Fall.

Schnell kann es passieren, sei es durch einen Unfall, Krankheit, Schlaganfall – auch bei jungen Menschen – oder Alter, dass man in die Lage kommt, wichtige Angelegenheiten des Lebens nicht mehr selbständig regeln zu können. Da gilt es rechtzeitig Vorsorge zu treffen, damit auch in einem solchen Fall der eigene Willen realisiert werden kann.

Normalerweis würde man denken, dass die Angehörigen jetzt alle wichtigen Dinge, wie Geldangelegenheiten, Behördengänge oder Entscheidungen im medizinischen Bereich treffen dürfen und müssen. Doch dem ist nicht so.
Um Missbrauch zu verhindern hat hier der Gesetzgeber einen entscheidenden Riegel vorgeschoben. Ist ein Volljähriger z.B. aus gesundheitlichen Gründen, nicht mehr entscheidungs- oder handlungsfähig, nicht in der Lage, seine Geschäfte selbst zu führen, kann dies entweder vom Gericht festgestellt und eine gesetzliche Betreuung angeordnet werden (was eine bekannte oder völlig fremde Person sein kann),
es sei denn, eine rechtsgeschäftliche Vollmacht, eine Vorsorgevollmacht liegt vor. Dann schließt sie die gerichtlich bestellte Betreuung aus.

Jeder Vollmachtnehmer erhält sein persönliches Exemplar um es daheim aufzubewahren. Das zusätzliche Exemplar beim Notar ist sinnvoll.
Sinnvoll ist es auch, die Vollmacht zusammen mit den Vollmachtnehmern, z.B. den Kindern, zu erarbeiten.

Durch eine Vorsorgevollmacht wird eine Vertrauensperson bevollmächtigt, für den Vollmachtgeber Entscheidungen in wichtigen Leben- und Geschäftsbereichen treffen zu dürfen. Bei all diesen Vollmachten sind auch mehrere Bevollmächtigte möglich, z.B. Ehepartner und Kinder. Es ist aber zu regeln, wie die Prioritäten verteilt sind, z.B. zuerst gilt das Wort der Ehefrau; ist die nicht in der Lage, dann ….
Eine solche Vollmacht kann auf bestimmte Lebensbereiche beschränkt sein, oder auch für alle Bereiche gelten; das wäre dann eine sog. Generalvollmacht.

Weitergehend ist eine Generalvollmacht.
Bei der ist allerdings zu bedenken, dass der Vollmachtnehmer ab sofort alle Geschäfte für den Vollmachtgeber in dessen Namen allein abwickeln kann. Z.B. kann der Vollmachtinhaber Geld abheben, das Haus verkaufen, usw.! Ein hohes Vertrauensverhältnis ist also unbedingt notwendig, um Missbrauch vorzubeugen.
Denn im Falle der missbräuchlichen Verwendung ist die Vollmacht nicht einfach zurückzunehmen.

In jedem Fall ist ein hohes Vertrauensverhältnis ist unbedingt notwendig. Dabei können Familienangehörige die Vertrauensperson sein oder auch jeder andere. Wichtig ist nur, dass ein echtes und nachhaltiges Vertrauensverhältnis besteht. Denn nachdem der Vollmachtgeber selbst nicht mehr geschäftsfähig ist, kann, selbst im Falle der missbräuchlichen Verwendung, die Vollmacht nicht mehr einfach zurückgenommen oder geändert werden. Es muss daher eindeutig geregelt werden, was gilt, falls es Meinungsverschiedenheiten gibt.
Denn, falls jemand die Vollmacht missbraucht, ist da niemand, der kontrolliert. Wenn z.B. die Konten leergeräumt werden, kann das Geld tatsächlich weg sein.

Für die Erstellung einer solchen Vollmacht gibt es weder eine Formvorschrift noch Vorschriften zum Inhalt, die für eine Wirksamkeit notwendig sind. Die Vollmacht sollte jedoch schriftlich erteilt werden und, neben der Unterschrift des Vollmachtgebers, den Ort der Ausstellung sowie das Ausstellungsdatum enthalten. Im Text sollten in der Regel folgende Bereiche angesprochen werden:
-Vermögensangelegenheiten,
-Vertretung bei Ämtern und Vertragspartnern,
-Rechtsangelegenheiten,
-Wohnungsangelegenheiten,
-Unterbringung,
-freiheitsentziehende Maßnahmen,
-Aufenthaltsbestimmung
-und das Öffnen der Post.

Wichtig: Bei Erbfällen von großen Summen, beim Vorhandensein von Immobilien oder land- bzw. forstwirtschaftlichen Flächen, bei im Grundbuch eingetragenem Nießbrauch oder Wohnrecht oder wenn er im Rahmen einer Erbengemeinschaft Mit-Eigentümer ist, z.B. an einem Grundstück ist, muss die Unterschrift auf der Vollmacht beglaubigt sein; entweder von einem Notar oder in Hessen vom Ortsgericht. Wichtig ist, dass dieser Punkt in der Vollmacht klar benannt ist, sonst wird vom Gericht eine Betreuung für den Fall bestellt – die kostet Geld und Zeit.


Die Patientenverfügung betrifft alles Medizinische. Hier geht es darum, dass der Vollmachtnehmer über Behandlungen, also über Leib und Leben des Vollmachtgebers mitentscheiden kann.

Unter normalen Umständen kann ein Patient selbst mit dem Arzt sprechen und ggf. eine Einwilligung abgeben oder nicht. Problematisch wird es dann, wenn der Patient nicht in der Lage ist, seinen Willen frei zu bestimmen und zu äußern. Dann ist der sog. „mutmaßliche Wille“ maßgebend; d.h. der Wille, den der Patient nach allem Augenschein wahrscheinlich hat. Hierzu werden Angehörige gefragt und auf vorliegende schriftliche Äußerungen zurückgegriffen, wenn solche vorhanden sind.
Gut ist es, wenn ein/e Patient/in in solch einem Fall ein schriftliches Dokument hat, in dem er/sie klar den eigenen Willen für eine solch schwierige Situation niedergeschrieben hat. Ein solches Papier ist die Patientenverfügung. Die vorsorgliche Bevollmächtigung berechtigt dann, Ärzten Vorgaben zu machen, wie sie in bestimmten Situationen vorgehen sollen; z.B. welche Behandlungen durchgeführt oder auf keinen Fall angewendet werden sollen.
Hier geht es darum, dass der Vollmachtnehmer über Behandlungen, also über Leib und Leben des Vollmachtgebers mitentscheiden kann. Das ist oft gefühlt und moralisch nicht einfach, so dass man sich sorgfältig überlegen muss, ob man diese Aufgabe annehmen kann oder damit möglicherweise emotional überfordert ist.

Die Patientenverfügung muss in schriftlicher Form erteilt werden. Doch sollten keine Ankreuzvollmachten benutzt werden, da dabei schnell zusätzliche Kreuze gesetzt werden können und der Wille des Vollmachtgebers damit verfälscht werden kann. Die Formulierungen sollen nicht zu allgemein sein; z.B. als Wunsch „in Würde zu sterben“ oder „keine lebensverlängernden Maßnahmen“, wenn ein „erträgliches Leben“ nicht mehr möglich ist. Vielmehr sollten Situationen möglichst genau benannt werden, wann die Verfügung gelten soll und auch, welche Maßnahmen man dann nicht möchte; z.B. künstliche Ernährung. Auch sollte eine Aussage zum Thema Organspende getroffen werden.


Wenn jemand, z.B. aus gesundheitlichen Gründen, nicht mehr handlungsfähig ist und nicht in der Lage, seine Geschäfte selbst zu führen, kann eine gesetzliche Betreuung vom Gericht angeordnet werden. Der Betreuer muss dann 1 x / Jahr beim Amtsgericht einen Rechenschaftsbericht vorlegen.
Dies ist aber nicht notwendig, wenn eine Vorsorgevollmacht vorliegt.

Auch dafür kann mit einer Betreuungsverfügung Vorsorge getroffen werden. In dieser Verfügung wird eine Betreuungsperson vorgeschlagen, die im Fall der Fälle einer Geschäftsunfähigkeit vom Gericht als gerichtlich bestellter Betreuer ernannt werden soll. Das wird bei der Wahl des Betreuers oder der Betreuerin in der Regel auch so angenommen. Allerdings muss die/der Betreuer/in im rechtlichen Sinne „geeignet“ sein, d.h. er muss formale Kriterien erfüllen. Das kann aber neben einem Bekannten auch eine völlig fremde Person sein.


Wann sollte man welche Verfügung treffen?

Meiner Überzeugung nach, so schreibt die Referentin in einem Beiblatt zum Vortrag, sollte jeder eine Patientenverfügung und eine Vorsorgevollmacht verfassen. Das ist in der Regel – bezogen auf den Fallwert, selbst bei notarieller Beratung relativ kostengünstig.
Erreicht wird mit solchen Regelungen der Erhalt der Handlungsfähigkeit ohne Probleme und Zeitverzögerung.
Mit der Vollmacht kann man die geschäftlichen Dinge noch so regeln, wie man sie selbst gerne haben möchte, ohne dass einem das Gesetz, Richter oder fremde Betreuer Vorschriften machen.

Eine Betreuung halte ich gegenüber einer Vorsorgevollmacht dann für sinnvoller, wenn Probleme und Streitigkeiten innerhalb der Familie vorprogrammiert sind, da ein Betreuer vom Gericht durch die Rechnungslegung kontrolliert wird.


Noch zu wissen:

Beglaubigt wird beim Ortsgericht nur die Rechtmäßigkeit der Unterschrift, beim Notar hingegen auch der Inhalt der Urkunde. (Das kostet oft nur 200 – 300 €, je nach Fallwert)
Ein Original bleibt beim Notar, so dass spätere Kopien angefertigt werden können.
Für das Erteilen der Vollmacht muss nur der Vollmachtgeber anwesend sein, nicht unbedingt die Vollmachtnehmer. Sie sollten aber informiert werden.
Änderungen sind möglich.

Bei all diesen Vollmachten gilt für das Erteilen der Vollmacht, dass nur der Vollmachtgeber anwesend sein muss, nicht unbedingt die Vollmachtnehmer. Sie sollten aber informiert werden.
Änderungen sind möglich. Auch darüber sollten alle Parteien informiert werden.

Es ist angeraten, ein Exemplar beim Notar zu hinterlegen; obwohl ein persönliches Exemplar zum Vollmachtgeber gehen kann, um es daheim aufzubewahren und auch die Vollmachtnehmer ein Exemplar bekommen können – das sie dann allerdings auch benutzen können. Die dann getätigten Geschäfte sind auch gegen den Willen des Vollmachtnehmers gültig.

Foto: Lindemann

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