Testament, Erben und Steuern

Joachim Besier begrüßte am 8. April 2024 in der Gastatätte >Zur Post< in Fellingshausen für den Gewerbeverein Biebertal 31 Zuhörer/innen für den Vortrag vom Barbara Steiger, Rechtsanwältin, Notarin, Fachanwältin für Erbrecht; Friedrich-Löll-Str. 2, 35444 Biebertal. Telefon (06409) 640 8-0; Mailkanzlei.steiger@t-online.de

In einem freien, sehr eloquenten und kompetenten Vortrag stellte die Referentin wichtiges zum Thema kurz vor, stand dabei jederzeit für Zwischenfragen der Zuhörer/innen zur Verfügung. Lange Jahre Erfahrung zeichneten sie dabei aus.
Ich teile hier meine Mitschrift aus dem Vortrag, empfehle jedoch einen persönlichen Besuch!
Der lohnt in jedem Fall.

Gilt z.B. die handschriftliche Notiz auf einem Bierdeckel: „Meine beiden Kinder erben hälftig, Papa; Biebertal 8.4.2024″ als vollständiges Testament? Ja, wenn eindeutig klar ist, wer dieser Papa ist.
Denn ein Testament muss handschriftlich verfasst und mit Ort, Datum und Unterschrift versehen sein; es sei denn es wird (sinnvollerweise) bei einem Notar aufgesetzt.
Wichtig ist, dass ein Testament möglichst klar und eindeutig formuliert ist; Juristen bevorzugen Brüche, wie die Hälfte, zu je ein Viertel etc. oder Prozentregelungen.

Das Testament kann daheim aufbewahrt werden oder bei einem Notar oder dem Amtsgericht hinterlegt werden.
Der Vorteil eines notariellen Testaments, das auch dort jederzeit an aktuelle Veränderungen angepasst werden kann, liegt ist der Möglichkeit, jederzeit eine beglaubigte Abschrift, z.B. für die Bank, zu bekommen.
Beglaubigen lassen kann man sein Testament in Hessen auch beim Amtsgericht oder Ortsgericht; dort wird allerdings nur die Unterschrift beglaubigt. Beim Notar hingegen werden sowohl die Ordnungsgemäßheit der Unterschrift, als auch der Inhalt der Urkunde beglaubigt.
Wir das Testament bei einem Notar oder bei Gericht aufbewahrt, ist es dort optimal von Diebstahl, Fälschung, Verlust und Unterschlagung geschützt.



Beim Thema Erben startete die Betrachtung mit steuerlichen Aspekten aus dem folgernden Schaubild zu Steuerklassen, Steuersätzen und Steuerfreibeträgen:

Bei den Steuerfreibeträgen ist wichtig zu wissen: diese Freibeträge gelten alle 10 Jahre neu!
Bei größeren Vermögen kann es also sehr sinnvoll sein mit warmer Hand zu geben.
Kinder haben von jedem Elternteil einen Freibetrag von 400.000 Euro; sie können also alle 10 Jahre von den Eltern zusammen 800.000 € bekommen. Hinzu kommen evtl. weitere Freibeträge z.B. für Pflege 20.000 €, für Beerdigungskosten 10.800 € usw.
Daher ist es durchaus sinnvoll, sich dafür eine Rechtsberatung zu gönnen; auch um Eventualitäten im Blick zu haben und um im Bedarfsfall reagieren zu können.
Auch ein geerbtes Haus bleibt für den länger lebenden Ehe- bzw. eingetragenen Lebenspartner steuerfrei, wenn er oder sie noch 10 Jahre dort lebt. Geht man jedoch schon z.B. nach 8 Jahren in eine Pflegeeinrichtung, kann das Finanzamt das als Sonderfall berücksichtigen.

Falls das Finanzamt Geld bekommt, ist das in der Regel binnen eines Monats zu zahlen.

Ein Wort zum Berliner Testament, das sehr beliebt ist und den Längerlebenden als Alleinerben vorsieht, so dass Nachfolgende erst nach dessen Tod in der Erbfolge berücksichtigt werden.

Der Klassiker: Eheleute in Zugewinngemeinschaft mit 2 Kindern als Beispiel:
bei einer Zugewinngemeinschaft behält jeder was er vor der Ehe hatte und vererbt das; der Zugewinn, der während der Ehe erarbeitet wurde, wird in der gesetzlichen Erbfolge so vererbet, wobei der überlebende Ehepartner die Hälfte und die beiden Kinder je ein Viertel des Vermögens – also einer Immobilie oder aller anderen Vermögenswerte.
Das bedeutet z.B., dass das Einfamilienhaus dann zur Hälfte dem einen Elternteil und die andere Hälfte den beiden Kindern gehört. Oder, wenn das Haus beiden Eheleuten zur Hälfte gehört, erbt der Längerlebende die Hälfte von der Hälfte des Ehepartners. Ihr oder Ihm gehört dann ¾ des Hauses und den beiden Kindern je 1/8. In beiden Fällen ist die Folge, dass dann nur noch gemeinschaftlich über die Verwendung des Hauses entschieden werden kann. Es kann allein kein Darlehensvertrag aufgenommen oder das Haus veräußert werden, wenn nicht alle Parteien zustimmen.
Beim Berliner Testament jedoch erbt der Längerlebende alles und die Kinder bekommen später je die Hälfte des Vermögens.

Ein Erbe gilt automatisch als angenommen, wenn es nicht binnen 6 Wochen ausgeschlagen wurde – notariell, beim Amts- oder Ortsgericht. Die 6 Wochenfrist gilt ab dem Zeitpunkt, an dem man von Ableben des Verstorbenen erfahren hat.
Auch wenn man etwas aus der Erbmasse nimmt, z.B. Möbelstücke aus der Wohnung, gilt das Erbe als angenommen.
Schlagen Kinder das Erbe aus, erben automatisch die Enkel; schlagen auch die das Erbe – z.B. wegen hoher vermuteter Schulden – aus, so geht die Erbschaft in der gesetzlichen Erbfolge weiter. Schlagen alle Verwandten das Erbe aus, wird ein Nachlassverwalter eingesetzt, der die Angelegenheit abwickelt. Am Ende erbt der Staat … was auch immer, auch Schulden.

Wird jemand enterbt, steht ihm dennoch die Hälfte des gesetzlichen Erbteils als Pflichtteil zu – im Fall der ehelichen Zugewinngemeinschaft.
Das gilt für nahe Verwandte, da es früher, als diese Regelung in das Gesetz geschrieben wurde, kein soziales Sicherungssystem gab, wie es heute der Fall ist.
Der Pflichtteil des Erbanspruches muss binnen einer kurzen Frist bar ausgezahlt werden, wenn der Pflichtteil eingefordert wird. Das muss binnen 3 Jahren nach Erfahren des Erbfalles geschehen.
Bei vereinbarter Gütertrennung gibt es ebenfalls die Pflichtteilregelung für die Kinder des Erblassers, der allerdings ein im Einzelfall genauer zu betrachtende Situation darstellt.

Zeigt man den Tod eines Menschen im Rathaus auf dem Standesamt an, wird von dort das Ortgericht informiert.
Dort ist zu klären: gibt es ein Testament? gibt es ein Vermögen bzw. Schulden? gibt es Immobilien? gibt es ein Haustier?
Auf Antrag stellt das Standesamt die Sterbeurkunde des Verstorbenen aus. 
Wird ein Testament gefunden, muss dieses beim Amtsgericht abgegeben werden.
Gibt es kein Testament, wird nun das Nachlassgericht informiert, so dass Nachforschungen nach Angehörigen gestartet und die Erbfolge festgelegt werden kann. Die Erben werden dann mit Nennung eines Aktenzeichens informiert.
Ein Erbschein, der beim Nachlassgericht oder Notar zu beantragen ist, ist notwendig, wenn z.B. bei höhere Geldbeträge oder Immobilien vorhanden sind und kein notarielles Testament vorliegt.

Fotos: Lindemann

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