Altersdiskriminierung

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Altersgrenze bezeichnet das Lebensalter, bis zu dem (Höchstalter) oder ab dem (Mindestalter) ein bestimmtes Ereignis stattfinden kann oder bestimmte Rechte gelten.

Letztens sprach ich auf einer Fortbildung mit einer 76jährigen fidelen Kollegin, die berichtete, dass sie weder als Schöffe berufen werden könne, noch bei ihrer kleinen Hausbank in den Aufsichtsrat gewählt werden könne, da sie zu alt sei – so die Argumentation. Das hat mir keine Ruhe gelassen, auch wenn ich selbst keines dieser Ämter anstrebe.
Thematisch passte das Gespräch gerade zu Nachrichtenmeldungen, in denen die Antidiskriminierungsstelle des Bundes bekannter gemacht werden sollte.
Wieso darf eine lebenserfahrene Person, die geistig und körperlich fit ist, bestimmte Aufgaben nicht mehr übernehmen? Wieso wird hier unisono Gebrechlichkeit und fehlende geistige Flexibilität unterstellt?
Das mag vielleicht einmal so gewesen sein, doch inzwischen sind viele ältere Menschen bis weit über die Zeit der Berufstätigkeit agil, wollen ihren Beitrag leisten und in sozialen Bezügen bleiben. Zur Zulässigkeit von Altersgrenzen im Hinblick auf Diskriminierungsverbote verweise ich auf die Seite Altersdiskriminierung; ich schrieb aber auch die Antidiskriminierungsstelle des Bundes in Berlin an und erhielt die folgende Antwort, die sicherlich manchen interessiert:

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Guten Tag Dr. Alfons Lindemann,

vielen Dank für Ihre Anfrage an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes.
Darin wenden Sie sich gegen die Altersbeschränkung für die Berufung von Schöffen.

Wir unterstützen Menschen, die sich wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihres Geschlechts, ihrer Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität benachteiligt fühlen. Hierbei informieren wir über Ansprüche und wie Betroffene gegen solche Benachteiligungen vorgehen können. Grundlage unserer Arbeit und Beratung ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG).

Das AGG verbietet Benachteiligungen aus den genannten Gründen, vor allem im Erwerbsleben und bei bestimmten privaten Rechtsgeschäften. In solchen Fällen können Betroffene insbesondere Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche geltend machen.

Die Altersobergrenze für das Schöffenamt knüpft unmittelbar an das Merkmal Alter aus § 1 AGG an. Im Falle eines Schöffenamtes ist es allerdings fraglich, ob das AGG anwendbar ist.

Zwar sind Richter aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses gemäß § 24 AGG entsprechend gemäß dem AGG geschützt, allerdings ist das Schöffenamt eine ehrenamtliche Tätigkeit. Ehrenamtliche Tätigkeiten unterfallen nicht dem Arbeitnehmerbegriff des AGG, da es an der für ein Arbeitsverhältnis charakteristischen Erwerbsabsicht fehlt. Auch bei den gewährten Aufwandsentschädigungen wird eine existenzsichernde Vergütung regelmäßig nicht erreicht.  

Darüber hinaus sind Höchstaltersgrenzen nicht allgemein unzulässig. Das ergibt sich aus § 10 AGG, wonach eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig ist, wenn sie objektiv, angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. So können bestimmte Anforderungen an die zu besetzende Stelle eine Altersobergrenze rechtfertigen, z.B. wenn diese überdurchschnittlich hohe körperliche Belastungen mit sich bringt. Es kommt im Einzelnen auf die Rechtsgrundlage und die Angemessenheit der Altersgrenze an. Aus § 33 Nr. 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) ergibt sich eine Altershöchstgrenze von 70 Jahren. Die Angemessenheit dieser Regelung steht jedoch bereits grundsätzlich zur Debatte.

Nach einer Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes der Bundesregierung wird die Höchstaltersgrenze mit der Wahrung der Leistungsfähigkeit sowie der Sicherstellung einer bestimmten Altersstruktur begründet (http://www.bundestag.de/blob/412584/e289e9406daf18acd60ca473df164727/wd-3-127-15-pdf-data.pdf).

Die Einführung von Altersgrenzen sei geboten, da „[…] die Mitwirkung in der Strafrechtspflege eine große körperliche Spannkraft und geistige Beweglichkeit erfordern […]“. Unter Verweis auf die Rechtsprechungspraxis des Bundesverfassungsgerichts steht dem Gesetzgeber ausdrücklich eine Typisierungsbefugnis zu, die ein pauschales Anknüpfen an bestimmte Altersgrenzen zulässt (BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 26.08.2013 – 2BvR 441/13).

Die fragliche Regelung erscheint allerdings auch nach unserer Einschätzung als Antidiskriminierungsstelle möglicherweise nicht mehr sachgerecht bzw. zumindest aus politischer Sicht fragwürdig. Ihr unterliegt die Annahme, dass Menschen im fortgeschrittenen Alter vor allem durch gesundheitliche Probleme weniger leistungsfähig seien. In diesem Fall greift aber bereits die besondere Fähigkeitsgrenze der fehlenden Eignung aus Gesundheitsgründen (§ 33 Nr. 4 GVG). Falls Schöffen während ihres Amtes nicht mehr einsatzfähig sein sollten, stehen zudem Hilfsschöffen zur Verfügung (§ 42 Abs. 1 Nr. 2 GVG). Auch in Anbetracht des demographischen Wandels sind derart starre Regelungen nicht mehr zeitgemäß und halten ältere Menschen von wichtigem Engagement für die Gesellschaft ab.

Immer wieder sind wir deshalb in den vergangenen Jahren an das Bundesministerium für Justiz herangetreten, bislang ohne Erfolg. Da das Bundesjustizministerium für eine Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes in diesem Fall zuständig ist, bleibt abzuwarten, ob sich die aktuelle Bundesregierung in Zukunft mit diesem Thema auseinandersetzt.

Sie können auch an das Bundesministerium für Justiz herantreten oder eine Petition starten.

Jedenfalls wird die Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, das Thema Altersdiskriminierung insgesamt – aber auch speziell im Ehrenamt und bspw. bei Schöffentätigkeiten – als einen Schwerpunkt ihrer Arbeit in den kommenden Jahren setzen.

Wir bedauern Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt keine erfreulichere Auskunft geben zu können und hoffen Ihnen mit unseren Hinweisen trotzdem etwas weitergeholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Im Auftrag
Böhler
Referat ADS-3 Beratung
Postanschrift: 11018 Berlin
Beratungshotline: 0800 – 546 546 5
E-Mail: beratung@ads.bund.de
Internet: www.antidiskriminierungsstelle.de

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